bruna Vortrag über den Baumeister Anton Pilgram
Schwaben und Brünn verbunden
Guten Anklang findet die von Hanna Zakhari angeregte Reihe „Gespräche und Erzählungen im Bruna-Museum“ im Prediger, womit man auf die Geschichte der Schwäbisch Gmünder Patenstadt Brünn eingehen will und damit auch zu zeigen, welch frühe Beziehungen zwischen der Stauferstadt und der mährischen Stadt Brünn bestanden. Auch die zweite Veranstaltung am Samstag zog viele Besucher an.
VON DIETRICH KOSSIEN
Schwäbisch Gmünd Die Teilnehmer wollten sich sich auf die „Spuren des Bauhüttenmeisters Anton Pilgram von Brünn über Wien ins Schwäbische“ machen
wollten. Was für die Gmünder Peter Parler, das ist für die Brünner Meister Pilgram, beide große Baumeister. Karl Walter Ziegler, der Bundesvorsitzende der Bruna aus Waiblingen, erwies sich als
der kompetente Führer, der durch Wort und Bild ins mittelalterliche Geschehen lenkte und verblüffende Ähnlichkeiten zwischen Arbeiten des Brünner Bauhüttenmeisters in Brünn und dem
Heiligkreuzmünster in Schwäbisch Gmünd fand, wobei aber nicht nachzuweisen ist, dass der Meister Pilgram jemals in Gmünd weilte. Auf jeden Fall aber hat er rund 20 Jahre lang im schwäbischen Raum
gewirkt und dort viele Zeugnisse seiner Kunst hinterlassen.
Anton Pilgram, der als Architekt und Bildhauer als einer der bedeutendsten Künstler der mitteleuropäischen Spätgotik bezeichnet wird, wurde, einem
alten Brünner Steinmetzgeschlecht entstammend, zwischen 1450 und 1460 in Brünn geboren. In den zwei Jahrzehnten seines Schaffens in Neckar-Schwaben wirkte Meister Anton Pilgram in Rottweil,
Tübingen, Heilbronn, Heutigsheim, Öhringen und Schwieberdingen. Dort hinterließ er Sakramentshäuschen, Kanzeln und kunstvollen Figurenschmuck und Selbstbildnisse. Als Baumeister arbeitete er in
Heilbronn an der Kilianskirche. Neben dem Chor gestaltete er dort mit Aberlin Jörg auch einen meisterlich geschnitzten Hochaltar. In Rottweil findet sich sein vermeintlich 1480 geschaffenes
„Weckenmännle“ als Kanzelträger.
1502 verließ er das schwäbische Land, wurde Baumeister zu St. Jacob in Brünn und begann sogleich mit dem Bau des nördlichen Seitenschiffes. Im Jahre
1938 wurde bei einer Renovierung der Brünner Jakobskirche Pilgrams Steinmetzzeichen mit dem Datum 1502 im Mauerwerk gefunden, wodurch Pilgrams direkte Beteiligung am Bau der Kirche bewiesen ist.
Er muss damals also bereits ein bekannter Baumeister und Steinmetz gewesen sein. Berühmt war das figurenreiche Judentor, das 1830 abgetragen wurde. Heute noch vollständig erhalten ist das Brünner
Rasthausportal als sein berühmtestes Brünner Werk, das über eine Besonderheit verfügt. Die mittlere Filiale war an der Spitze gebogen. Es heißt, Meister Pilgram wollte damit dem Rat eins
auswischen, der ihm den vollen Lohn vorenthalten wollte. So die Legende, vielleicht aber zeigte er damit, wie der Steinmetz den harten Stein in jeder Form gestalten kann. Bis heute fesselt die
Architektur des Portals durch die filigrane Gestaltung jeden Besucher.
Später finden wir Meister Pilgram in Wien. Dort hat er sich mit seinem bekanntesten Selbstbildnis, dem „Fenstergucker“ unter der 1515/16 geschaffenen Steinkanzel im Wiener Stephansdom
selbst ein Denkmal gesetzt. Diesen „Fenstergucker“ hatte der Österreichische Rundfunk jahrelang zum Titel seiner heimatgeschichtlichen und kulturhistorischen Sendungen gemacht. 1515 starb er. Die
Mährische Galerie würdigte ihn 1993 als einen der bedeutendsten Künstler der mitteleuropäischen Spätgotik.
Karl Walter Ziegler durfte für seinen Vortrag regen Beifall entgegennehmen.
Der nächste Vortrag im Rahmen der „Gespräche und Erzählungen“ im Prediger ist am 7. Juli dem Leben von Johann Gregor Mendel und seiner Vererbungslehre gewidmet, war doch Mendel ein
Brünner.
Gmünder Tagespost 4.6.2007