Das historische Wunder
Neues Buch über Vertreibung und Integration erschienen
Vom „Wunder der Integration“ der Heimatvertriebenen spricht der Historiker Prof. Dr. Ulrich Müller. Der Ellwanger Stadtarchivar Prof. Dr. Immo Eberl stellt die provokative Frage: „Was wäre geschehen, wenn sie nicht geklappt hätte?“ Dass und wie sie geklappt hat, zeigt das neue Schwäbisch Gmünd.
Die Zuhörerreihen im Prediger-Refektorium waren voll, als das Buch am Freitag vorgestellt wurde. Es ist das letzte
Buch des Archivs, das in die Ära des Stadtarchivars Dr. Klaus Jürgen Herrmann fällt. Der schilderte es in seiner Begrüßung als erste aktuelle Gesamtdarstellung des für Gmünd historischen
Vorgangs. Immerhin, daran erinnerte der städtische Hauptamtsleiter Helmut Ott, wuchs die Einwohnerzahl Gmünds durch die Aufnahme der Vertriebenen zwischen 1944 und 1949 von 22 941 auf 33 578.
Kreis-Sozialdezernent Josef Rettenmaier sagte, dass nach dem Zweiten Weltkrieg zehntausende Heimatvertriebene in den heutigen Ostalbkreis gekommen sind. Für heutige Generationen seien die
sozialen und menschlichen Dimensionen beeindruckend. Die Heimatvertriebenen, so Helmut Ott, brachten sich in Kirchen, Vereine und die Politik ein, gründeten aber auch zahlreiche neue Unternehmen.
Gmünd habe eine Brückenfunktion zu den früheren Ostgebieten und die, so meint Ott, solle man weiter ausbauen.
Der Herausgeber des Buches, Ulrich Müller, schilderte die siebenjährige Entstehungszeit des Buches, das sich aus 28
Beiträgen von rund einem Dutzend Autoren zusammensetzt. Alle hätten sich ohne Bitterkeit mit der Geschichte auseinandergesetzt. Das sei nötig, denn „Versöhnung ist der einzige Weg, dem eine
Zukunft beschieden ist.“ Auch augenzwinkernd erinnerte Müller an das manchmal schwierige Zusammenwachsen von „Flichtling“ und Schwaben.
„Was wäre gewesen, wenn die Integration nicht geklappt hätte?“ Diese provokative Frage stellte der Ellwanger Stadtarchivar Prof. Dr. Immo Eberl, der das Buch vorstellte. Die Folgen eines Scheiterns bis hin zu jahrzehntelangen Flüchtlingslagern wären nicht auszudenken gewesen. Durch den Erfolg aber habe der gelungene Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer wirtschaftlichen Stärke Deutschlands geführt, die sich in der derzeitigen Euro-Krise als Stärke für ganz Europa auszahle. Vertreibung und Integration stünden nun am Abschluss, würden damit zu einem Teil der Geschichte von Stadt und Landkreis. Als umso wichtiger sieht Eberl die umfassende Darstellung in dem Buch, das sich auch an Schüler richtet und für den Unterricht ein wichtiger Beitrag sei.
Gmünder Tagespost 22.06.2012